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Gestatten, Gary Weihnachtsmann

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Grafik © cirodelia
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»Ja, ja, ich geh ja schon!« Genervt zerrte Jendrik sich seine blaue Daunenjacke zurecht und knallte die Tür des Garderobenschranks zu. Er zog sich die rote Pudelmütze über die braunen Haare, die schon vor dem Tragen des wolligen Geschenks von Oma Christa ganz strubbelig aussahen. Nun stapfte er in die Küche und riss schnaubend an der Mülltüte herum, um dieses störrische und viel zu vollgestopfte Ding aus dem viel zu kleinen Eimer hieven zu können.


»Mensch, Jendrik, warum nimmst du nicht erst den Müll aus dem Eimer und ziehst dann deine Stiefel an?« Sein Vater schüttelte verständnislos den Kopf. »Sieh dir mal den Küchenboden an. Jetzt muss Mama gleich nochmal wischen.« Joachim Oltmann gähnte, kratzte sich durch sein dichtes Haar am Hinterkopf und verschwand wie jeden Morgen eines Wochenendes mit Kaffeebecher und Zeitung im Wohnzimmer.
Jendrik trat hinaus in die Kälte und ließ die Haustür hinter sich ins Schloss donnern. Er schleppte die Mülltüte, die bei jedem Schritt zu platzen drohte, an Küchenfenster und Waschküchentür vorbei hinter das Haus. Angewidert hob er den grauen Deckel der Tonne mit der Aufschrift »28« an und wuchtete den Plastikbeutel, durch den er Käserinde, Teebeutel und zerknüllte Taschentücher erkennen konnte, auf all die anderen Müllsäcke. Er presste den Deckel herunter, um den offenen Spalt zwischen Deckel und Tonne zumindest zu verringern, wenn er schon nicht ganz verschwinden würde. Er hasste es, den nassen Griff anzufassen! Er fand es einfach eklig, wenn sich die Flüssigkeit an seinen Fingerkuppen sammelte. War das wirklich nur Regenwasser? Scheußlich! Es war bestimmt Gammelwasser! Im Sommer war es noch schlimmer, da wusste man nie, was einen im grauen Schlund der Tonne erwartete! Von pelzigem Schimmel bis hin zu Maden in sämtlichen Farben und Größen war alles möglich … Warum musste eigentlich immer er die Drecksarbeit übernehmen?! Er war es satt. Sobald seine Schwester den Tag der Einschulung hinter sich gebracht hätte, würde er schon dafür sorgen, dass auch sie sich mal am Haushalt beteiligte! Nur weil sie ein paar Jahre jünger war als er, genoss sie unter dem völlig verklärten Blick ihrer Eltern totale Narrenfreiheit. Und ihre haufenweise freie Zeit nutzte sie auch noch mit Vorliebe dazu, auf seinen geschundenen Nerven herumzukauen. Ihre blöden Pferdchen und Püppchen verteilte sie überall im Haus, sodass man jederzeit von einem Puppenfuß oder einem Pferdehuf in den Hintern gestochen werden konnte, wenn man sich gerade mit der Konsole auf dem Sofa entspannen wollte. Diese ganzen Fleckis, Braunis und Blackys – die hätte er gern mal entsorgt! Sahen doch sowieso alle gleich aus! Bis Sommer noch – dann würde er als großer Bruder im Hause Oltmann andere Saiten aufziehen!

Ein leises Rumpeln riss ihn aus den Gedanken. Kam das Geräusch aus dem Schuppen? Jendrik blickte auf dessen rote Holztür. Sie war geschlossen. Er schaute zum Wohnzimmerfenster. Vater las inzwischen eine Ausgabe der Geo über aktive Vulkane. Auch Mutter konnte es nicht gewesen sein, sie war oben auf dem Dachboden. Von dort aus hatte sie ihm Fußballverbot angedroht, wenn der Stinkbüdel jetzt nicht endlich verschwinden würde. Und Clara? Die saß mit einer ganzen Herde Schleich-Pferden in der Badewanne. Da! Schon wieder dieses Rumpeln! … Bestimmt nur eine Katze … oder nicht? Wie sollte sie in den Schuppen gekommen sein? Er wurde eigentlich nur im Sommer genutzt. Über Winter lagerten dort die Gartenmöbel und der Rasenmäher. Und ein ausrangierter Kühlschrank.

Vorsichtig näherte Jendrik sich dem kleinen Seitenfenster, das sich unter dem Dach des anliegenden Fahrradunterstands befand. Es war dunkel im Schuppen. Er konnte kaum etwas erkennen. Er pirschte sich noch ein bisschen näher heran und spähte ins Innere … Rums! Wieder ein Geräusch! – Aber zu sehen war nichts … Es war bestimmt ein eingesperrtes Tier. Vielleicht ein Igel, der hier überwintern wollte. Oder eine verzweifelte Eule, die einen Weg hinaus ins Freie suchte. Na, er würde das arme Vieh schon befreien. Jendrik drehte sich um, schritt zur Tür, öffnete sie zur Hilfe entschlossen und fand – einen alten Mann?!
»Ups«, sagte der Alte und duckte den Kopf kurz zwischen die Schultern. »Da war ich wohl doch ein wenig zu laut. Guten Morgen!« Er ließ sich langsam in den Sonnenstuhl nieder.
Jendrik starrte den Mann im grünen Mantel wortlos an.
»Mach doch bitte die Tür zu, es zieht.« Der Mann mit grauweißem Bart und blauen Augen lächelte Jendrik freundlich an.
»Was?« Jendrik hielt seinen Blick auf der vermeintlichen Eule und wusste nicht, ob er Angst haben oder verärgert sein sollte.
»Die Tür, Jendrik, schließ doch bitte die Tür, damit es hier nicht noch kälter wird.«
Jendrik schloss die Tür, ohne den Blick von dem komischen Kerl zu lassen. »Woher kennen Sie meinen Namen?«
»Ich bin der Weihnachtsmann, ich kenne alle Kinder mit Namen.« Der Alte lächelte und zeigte auf den Gartenstuhl neben sich. »Nimm Platz. Es ist ja dein Stuhl.«  Jendrik trat einen Schritt näher und streckte seinen Arm so weit aus, dass er den Stuhl an der Lehne zu sich ziehen konnte. Er setzte sich ganz vorn auf die Kante der Sitzfläche. »Was tun Sie hier?«, hörte er sich selbst fragen.
»Ich warte. Auf meine Leute. Also auf meine Rentiere. Aber zunächst muss mich einer meiner Engel entdecken. Oder einer der Elfen. Mit den Wichteln brauch ich nicht zu rechnen. Die fühlen sich ja doch nur am Nordpol wohl.«
»Wichtel? Engel? Elfen? Aha.« Jendrik stand langsam auf. »Also … meine Eltern finden das, glaub ich, nicht so toll, wenn Sie sich hier einnisten. Ziehen Sie mal lieber weiter.« Er machte einen Schritt zur Tür, ohne den Alten aus den Augen zu lassen. Man konnte trotz aller Höflichkeit ja nie wissen, ob so einer plötzlich durchdrehte und einen von hinten eiskalt umlegte! »Ich geh dann mal.« Jendrik stand mit dem Rücken zur Tür und legte die Hand auf die Klinke. »Also wie gesagt, tschüss dann.«
»Ich kann hier nicht weg. Tut mir leid.« Der unerwünschte Gast zuckte mit den Schultern. »Ach, und er leider auch nicht.« Jetzt zeigte er auf das Regal hinter sich an der Wand. Jendrik erkannte nicht genau, was da auf den karierten Sitzpolstern lag, aber es sah aus wie ein flauschiges braunes Kissen und war rund wie ein Adventskranz.
»Was soll das denn sein? Haben Sie hier etwa eine Riesenratte mit angeschleppt?«
»Nein, die gehen niemals einzeln auf Reisen. Das ist mein Kater. Er hatte sich heimlich in meinem Gepäck versteckt, bevor ich abgefahren bin. Er konnte ja nicht ahnen, dass wir hier festsitzen und nicht so schnell wieder zum Nordpol zurückkommen würden.«

Jendrik rollte genervt mit den Augen. Heute blieb ihm auch wirklich nichts erspart. Er seufzte. »Okay – wenn Sie wirklich meinen, dass Sie die ultimative Witzfigur der bescheuertsten Zeit des Jahres sind, dann wissen Sie ja sicher auch, dass wir heute schon den 18. Dezember haben. Also machen Sie sich mal lieber fix ans Austeilen der Geschenke, ja?! Wie gesagt: Tschüss! Und nehmen Sie bitte ihr Läuseknäuel da oben mit.«
»Das ist ja gerade mein Problem. Die Zeit wird langsam knapp.« Der Alte zog die Luft durch die aufeinandergebissenen Zähne, sodass es zischte. So machte es sein Vater auch immer, wenn es in der Autowerkstatt brenzlig wurde, weil ihm der Betrag auf der Rechnung nicht gefiel. »Aber vielleicht kannst du mir helfen, Jendrik. Dann bist du mich auch schnell wieder los.«
Der Mann wirkte, wenn er sprach, gar nicht so alt, wie er aussah. Aber verwirrt war er ganz offenbar.
»Das hätte den Vorteil, dass ich dir dein neues Fahrrad doch noch rechtzeitig unter den Baum stellen kann.« Er blickte Jendrik über den Rand seiner Brille an. »Übrigens schönes Exemplar von Baum, das ihr euch ausgesucht habt. Gefällt mir gut, besonders die Farbe. Reines Grün. Ohne Blaustich. Wird sich dieses Jahr bestimmt nicht mit der grünen Decke beißen, die ihr immer drunter legt.«

Jendrik überlegte kurz … Sie hatten bisher tatsächlich jedes Jahr eine grüne Decke für die Tannennadeln und das Kerzenwachs unter dem Baum ausgebreitet … Und letztes Jahr hatten sie wirklich einen Baum, der mehr blau als grün aussah. Den hatte Papa allein aus-gesucht und Mama hatte ihren Ärger über den Blauton der Tanne kaum verbergen können. Sie meinte, dass sich die Farben alle nicht vertragen – Grün und Blau grundsätzlich nicht und die roten Kugeln wür-den in den blauen Zweigen total kitschig statt schick aussehen. Clara hatte noch Öl in die Flammen gegossen: »Grün und Blau schmückt die Sau!« – »Clara!«, hatte Vater sie da ermahnt, aber sie musste es mal wieder auf die Spitze treiben und krakeelte: »Rot dazwischen, ganz beschissen!« – »Jetzt ist aber Schluss!«, fuhr Papa sie da an. Allerdings weniger wegen des Schimpfworts, sondern vielmehr, weil er Mamas miese Laune fürchtete. »Dann nehmen wir eben das goldene Klimbim und fertig!«, hatte Vater dann entnervt beschlossen und vermutlich gehofft, die Diskussion damit beendet zu haben.
Doch die goldenen Kugeln passten nach Mamas Ansicht auch nicht mehr, weil die durch das Blau statt warm und festlich pipi-gelb aussehen würden. An dieser Stelle war Papa explodiert und drohte damit, den Baum gleich zu zerhackstückeln, wenn Mama nicht aufhören würde, ihr Gift zu speien. Tja, und dann fing Clara an zu heulen und hörte eine Ewigkeit nicht mehr auf. Das wollte keiner wieder ertragen müssen und deswegen hatten Mama und Papa dieses Jahr ganz harmonisch getan und den Baum zusammen mit Clara beim örtlichen Weihnachtsmarkt besorgt. Er war natürlich mal wieder nicht gefragt worden. War ihm auch egal. Es hätte eh keinen Bock gebracht, womöglich noch im Regen darauf zu warten, dass sich Mama und Papa einig wurden, welcher tote Baum in ein Netz gepresst und am besten noch von ihm allein nach Hause geschleppt werden sollte, während Clara wie immer per »Englein-Englein-flieg«-Spielchen quasi nach Hause getragen worden wäre. Ins dunkle Zuhause! Denn sobald Mama den Kampf gegen die verknoteten Lichterketten gewonnen und sie wie erlegte Beute an Haken in die Fenster gehängt hatte, durfte nämlich niemand mehr einen Lichtschalter betätigen – nicht mal beim Essen, damit man auch ja die schöne Beleuchtung sah. Die winzigen Lämpchen beleuchteten allerdings kaum mehr als die Tatsache, dass an jeder Kette mindestens eine Handvoll Glühbirnen defekt war. Duster war es im Hause Oltmann, zappenduster! Man konnte ja nicht mal mehr erkennen, was auf dem eigenen Teller lag!
Jendrik beäugte den Alten misstrauisch. »Sagen Sie, sind Sie vielleicht irgend so 'n Beknackter, der die Leute aus dem Dunkeln durchs Fenster beobachtet?«

»Durch die Fenster beobachten ja, beknackt nein. Ich muss ja schließlich gucken, wann die Menschen so gut beschäftigt sind, dass sie mich nicht sehen, damit ich dann die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legen kann. Dass ihr jedes Jahr in die Kirche geht, erleichtert mir meinen Job natürlich ungemein. Inzwischen bleiben ja leider doch recht viele Menschen zu Hause. Da ist es manchmal wirklich ein Drahtseilakt, unentdeckt zu bleiben. Tja, in keinem Job wird's leichter, auch in meinem nicht.«

Jendrik überlegte … Das mit der Kirche stimmte auch … Eigentlich sollte ihm der Alte langsam unheimlich werden. »Wenn Sie wirklich der Weihnachtsmann sind, warum wollen Sie dann unentdeckt bleiben? Der Weihnachtsmann beschenkt Kinder, die Gedichte über Nüsse aufsagen, und verhaut diejenigen, die Mist gebaut haben. Also mögen ihn die meisten Kinder. Und bei denen, die ihn nicht mögen, freuen sich die Eltern, dass er ihren Rotzgören mal ordentlich was an die Backen gibt für ihre ganzen Frechheiten!«
»Das ist Quatsch. Aber das ist schon okay. Die Leute, die sowas über mich erzählen, haben mich ja halt auch noch nie gesehen. Ich tue einem Kind niemals weh und ich überhäufe auch niemanden mit Weihnachtspäckchen. Ich beschenke diejenigen Kinder, deren Eltern meine Hilfe gut gebrauchen können.«
»Hm … Und was soll die Geheimnistuerei? Warum verstecken Sie sich?«
»Willst du nicht doch noch einmal Platz nehmen?«
»Nein. Ich hab gleich Training … Wissen Sie, was auch immer Sie hierher verschlagen hat, ziehen Sie bitte weiter. Mein Vater reagiert schon allergisch, wenn sich Nachbarshunde in unseren Garten verirren und ihre Haufen hinterlassen. Wenn der Sie hier entdeckt –«
»Ich mach doch keine Haufen in euren Garten!«
»Jeeendriiiik!«, tönte die Stimme seiner Mutter aus Richtung Haustür. »Tom ist da! Komm in die Puschen!«
»'tschuldigung, ich muss jetzt echt los.« Jendrik trat rückwärts aus dem Schuppen und der bärtige Mann mit den klaren Augen nickte verständnisvoll.


Tom, sein Freund und Nachbar, trat unruhig von einem Bein auf das andere. »Los, komm! Hast du das Hupen nicht gehört? Meine Alte wird schon ganz nervös!«
»Sorry, ich musste hier noch im Haushalt schuften!«, entschuldigte sich Jendrik mehr eingeschnappt als ernst gemeint.
Seine Mutter zog ungläubig die Augenbrauen hoch. »Ach, ist das so?« Ohne eine Antwort zu erwarten, hielt sie ihm die gepackte schwarze Sporttasche aus der Haustür entgegen: »Gern geschehen, mein Sohn. Und nächstens gerne selbst, klar?!«
Zwei Stunden später öffnete Jendrik die Pforte und hob noch einmal die Hand zum Abschied. Er hatte mindestens drei Torchancen gehabt und alle verballert, weil ihm ständig der komische Kauz vom Schuppen im Kopf herumspukte … Hoffentlich war der jetzt verschwunden … Als Jendrik gerade den Klingelknopf drücken wollte, hielt er inne. Sollte er nachsehen? Er zog seine Hand zurück und schlich sich am Küchenfenster vorbei nach hinten in den Garten. Als er vor der Schuppentür stand, zögerte er. Er könnte doch auch einfach seinem Vater Bescheid sagen – der würde den Typen schon hinausbefördern!

Doch seine Neugier war stärker als seine Zweifel am Wahrheitsgehalt der Weihnachtsmann-Story. Er drückte vorsichtig die Klinke herunter. Sein Herz pochte … Er öffnete die Tür einen kleinen Spalt breit … Nichts war zu sehen, der Stuhl war leer. Er öffnete die Tür ganz … Niemand da – puh, Glück gehabt! Sah alles aus wie immer: Die Gartenstühle in der Mitte, links der alte Kühlschrank, rechts der Rasenmäher, hinten an der Wand Regale, darunter der zusammengeklappte Gartentisch. Von der Katze war auch nichts mehr zu sehen. Alles okay. Dann konnte er ja gehen … Oh, halt! – Da stand ja seine blaue Thermosflasche im Regal. Wie war die denn hier hingekommen? Was hatte seine Mutter rumgewettert, dass er besser auf seine Sachen aufpassen müsse! Sie könne doch nicht ständig alles neu kaufen, nur weil er so schludrig sei und ständig alles verlieren würde! Er hatte zwar mehrfach beteuert, dass er die Flasche nicht verbummelt habe, aber sie hatte ihm natürlich nicht geglaubt.
Jendrik nahm die Flasche aus dem Regal.
Nanu – da war ja noch was drin … Bäh, das war bestimmt vergammeltes Iso-Wasser! Vermutlich wäre es am besten, wenn er die Flasche so hinstellte, dass seine Mutter sie finden würde. Dann war die Chance auf jeden Fall größer, dass sie die Flasche von den schwimmenden Schimmelstücken befreien würde …
Plötzlich öffnete sich die Tür. Clara wollte gerade hereinschlüpfen, da erblickte sie ihn. Sie fuhr vor Schreck zusammen, sodass die kleinen Blechtassen in ihrem rosa Picknick-Korb rasselten.
»Was willst du denn hier?«, fragte Jendrik barsch.
»Nichts. Und du?« Clara war für ihre sechs Jahre ganz schön listig. Man musste sie gut im Auge behalten. Mit ihrem Körbchen am Arm funkelte sie ihn an wie ein giftiges kleines Rotkäppchen, das es locker mit jedem Wolf aufnehmen konnte.
»Ich hab nur meine Flasche geholt.« Er warf das blaue Fundstück betont lässig mit einer Hand in die Luft. Als er die Flasche wieder auffangen wollte, schrie er auf: »Aua! Scheiße, Mann!« Dampfende Flüssigkeit lief ihm über die rechte Hand, die er nun mit der linken umklammerte, während die geöffnete Flasche über den Boden kullerte. Sein Handrücken war knallrot. »So 'n verdammter Mist! Wieso ist denn da heißes Wasser drin?!«, zischte er.
Clara sagte kein Wort. Sie öffnete den Kühlschrank, griff in dessen Tür und klatschte ihrem Bruder ein blaues Kühlpack auf die schmerzende Hand. »Aua!«, fauchte er sie an, hielt das blaue Kühlkissen aber weiterhin auf die verbrühte Stelle.
Als Jendrik seinen Blick hob, traute er seinen Augen nicht: Der Kühlschrank war vollgepackt mit Lebensmitteln! Gut sortiert wie in einem Supermarkt lagerten da Fruchtzwerge, Bärchen-Wurst, Frischkäse, Marmelade, Traubensaft, Milch und eine Gurke! Clara schlug die Tür schnell wieder zu.

»Sag mal, spinnst du?! Was soll das denn?!« Jendrik starrte seine Schwester an.
»Wieso?« Clara wich seinem vorwurfsvollen Blick aus.
»Warum richtest du dir denn hier einen Privat-Vorrat ein?!«
»Das ist nicht meins. Das gehört Papa.« Trotzig sah sie ihn an.
»Ja klar, Fruchtzwerge und Milch! Ich bin doch nicht bescheuert, du miese kleine Diebin! Und was ist da drin?« Er nickte in Richtung Picknick-Korb. »Hast schon wieder was abgezockt?« Er packte den Korb am Griff, doch Claras Hände umklammerten ihn fest.
»Lass los, du hinterhältiges Ding!«, motzte er.
»Nein, du Blödarsch!« Sie zerrte den Korb zu sich. Gerade wollte sie ihm in die Hand beißen, da donnerte es durch den Schuppen: »Schluss jetzt!«

Beide Streithähne schreckten auf. Jendrik ließ schnaufend vom Korb ab, den Clara nun fest umschlungen hielt. Jendrik konnte nicht fassen, dass der selbsternannte Weihnachtsmann von heute Morgen plötzlich zwischen ihnen stand.
»Clara, lass es gut sein«, sagte der Alte sanft und legte dem kleinen Wüterich eine Hand auf die Schulter. »Es ist ganz lieb, dass du dich für mich in den Kampf stürzt, aber ich möchte keinen Streit. Und vor allem nicht meinetwegen.«
Jendrik traute weder seinen Augen noch seinen Ohren. »Du kennst ihn?!«

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